10. Juli 2016: Wie war dein Tag?
Was uns 2016 bisher als „Sommer“ präsentiert hat, war ja insgesamt nicht so der Rede wert. Doch nun, Mitte Juli, ist endlich ein Wochenende mit sommerlichen Temperaturen, gesunden Kindern und ohne blockierende Verpflichtungen. Die Mädels sind in hellem Aufruhr: Freibad, Freibad, wir fahren ins Freibad!
Auf dem Wickeltisch staple ich auf, was diese vierköpfige Familie so für einen Nachmittag im Freibad braucht: Handtücher, Wechselklamotten, Waschzeug, Spielsachen, Handtücher… Moment, hatte ich doch schon. Warum sind die weg? Aha, Minimaus hilft beim Packen – ich finde die Handtücher unterm Schreibtisch. Die Große unterzieht die Spielsachentasche einer eingehenden Revision und konstatiert: viel zu wenig, alles das falsche. Anschließend beginnt sie, sich mit der Minimaus um einen grünen Gummiball zu zoffen. Ich übertrage den Kindern (was den Papa einschließt) die Aufgabe, sich selbst um das verdammte Spielzeug zu kümmern, und stopfe schnell noch eine Haarbürste und Sonnenmilch in die übervolle Tasche. Draußen streiten sich die Kinder wie die Kesselflicker um eine gelbe Schaufel, während die Sonne von einem wolkenlos blauen Himmel herunterbrennt und das Auto in einen Backofen verwandelt.
Nach kurzer Fahrt erreichen wir das überfüllte Freibad und finden allen pessimistischen Voraussagen der Großen zum Trotz einen Parkplatz; beladen mit Taschen und grüner Schwimmnudel manövrieren wir uns durch halbnackte Leiber hindurch zum letzten Fleckchen Schatten, in Hanglage und mit abgenagter Wassermelonenschale übersät. Während die Große von ersten Mitgliedern ihrer Kindergarten-Gang begrüßt wird und ich noch nicht einmal sitze, ist die Kleine bereits nackt, verlangt sich ihren „Biedn-Maja“-Badeanzug und tobt, weil sie eine Mütze tragen soll. Ich creme die genervten Kinder erneut ein („Hab’ ich schon!“) und schleiche schließlich müde zur Umkleide. Treffpunkt ist das Babybecken, in welchem die Große steht wie ein Turm – überwiegend trocken, aber mit einer nassen Mütze auf dem Kopf, die mich an eine welke Blume erinnert; das Wasser reicht ihr knapp bis zur Wade, aber um den Bauch trägt sie mit dramatischer Geste einen Schwimmring. Die Kleine wiederum hat das Wasser genau so lange betreten bis sie merkte, dass sie nass davon wird – sie steht nun zeternd am Beckenrand und versucht sich auszuziehen.
Freibad – entspannter bin ich vermutlich nur, wenn ich auf dem Zahnarztstuhl sitze und auf die Betäubung warte. Ich bin kein „draußen“-Typ, und Licht, das heller ist als mein Monitor, blendet mich. Die vielen Menschen machen mich nervös, genau wie die Tatsache, dass ich durch das schmerzende Knie deutlich langsamer bin als die Kinder. Ich scheine auf dem Speiseplan vieler Krabbelviecher zu stehen – ich entfernte nach einer Geocaching-Tour mal 13 (ausgeschrieben: DREIZEHN!) Zecken, während alle anderen Teilnehmer keine einzige hatten, ich werde zerstochen, wenn es sonst niemand wird, und reagiere dann auch noch teilweise allergisch. Meinen Mädels habe ich mein kupferrotes Haar vererbt und diesen milchigen Teint, was in Kombination mit moosgrüner Kleidung toll aussieht, in Kombination mit Sonne jedoch schnell zu Brandblasen führt – ich erinnere mich ungern an diesen vollständig bedeckten Tag am Atlantik, an dem niemand (außer mir) seine Sonnencreme bemühte und an dem niemand (außer mir) abends mit schlimmen Verbrennungen und >41°C Fieber in der Notaufnahme landete.
Die Kleine ist eigenen Angaben zufolge nun jedenfalls „sauer“, und sie bemüht sich redlich, ein entsprechend grimmiges Gesicht zu machen (dummerweise ist sie dabei so niedlich, dass man sie anknabbern möchte); mit einer Schwimmwindel bekleidet – ihr Badeanzug ist ja nass und somit untragbar geworden – sitzt sie auf Papas Bauch und verteilt mit ausgestreckter Fingerspitze winzige Kleckse Sonnenmilch auf ihm. Sie möchte nie wieder ins Wasser, keinesfalls in den Sand und sagt zu allem „noin“ oder „Hab’ ich schon.“. Die Große rollt sich derweil durch den Matsch-Spielplatz und sieht aus wie paniert.
Schließlich kann ich die Kleine doch zum Matschen auf dem Wasserspielplatz animieren, während Papa und Große sich im Nichtschwimmerbecken tummeln. So klappt es nun insgesamt ganz gut, und doch ertappe ich mich dabei, wie ich in meinem züchtigen Badeanzug, in dem ich mich neben all den Bikini-Schönheiten wie eine Oma fühle, auf die Uhr schiele. Ich habe Sonnenmilch im Auge, was ganz fürchterlich brennt, und der Sand riecht nicht nach Ozean, sondern nach Katzenpisse. Hätte ich keine Kinder, würde ich niemals hier sitzen. Aber so beobachte ich Minimaus, die voller Konzentration einen kleinen Eimer mit Matsch befüllt und ihn mir anschließend als „Eis-Schoko“ kredenzt; oder die Große, die schon fast schwimmen kann, dabei aussieht wie eine Robbe und sich fürchterlich kaputtlacht im Becken, zusammen mit ihren kleinen Freunden. Das ist es wert, denke ich mir. Und bin trotzdem froh, als wir den Laden verlassen, die Kinder strubbelig und müde, bereits in Schlafanzügen und hungrig.
Gegen 19 Uhr und unmittelbar nach dem Essen kippen beide in ihre Betten – auch wenn die Kleine das zu-Bett-Gehen vorerst mit einem „Hab’ ich schon!“ verweigern möchte. Innerhalb von Minuten herrscht Stille, die bis zum Morgen anhält; die beiden haben sich ganz schön verausgabt. Vor dem Einschlafen flüsterte die Große noch, was für ein toller Tag das gewesen sei – und ob wir nächsten Sonntag wieder ein das schöne Freibad gehen?
Hintergrundbild: 1440x 529px, Bild genauer anschauen – © Marianne Spiller – Alle Rechte vorbehalten
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