Ein Abend am Kamin

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Ein offener Kamin ist eine wunderschöne Sache, entspannend dazu, und die Wärme, die er abgibt, ist mit der üblichen Heizkörper-Wärme nicht zu vergleichen. Hinzu kommt aus aktuellem Anlass jedoch auch, dass ich an das Brennholz zu Spottpreisen gekommen bin, Heizöl jedoch beständig teurer wird. Nunja, und wenn man so ein Ding schonmal hat, dann kann man’s ja auch nutzen, richtig?

Richtig, zumindest in der Theorie; praktisch kam aber schon in der letzten Saison die Luftklappe aufgrund einer gebrochenen Schraube geflogen, und ohne diese Klappe verbrennt das Holz blitzschnell und ohne einen Funken Wärme abzugeben. Also das Ding irgendwie reparieren – bloß wie? Den Nachbarn schon wieder nerven? Nein. Mein Vater? Fühlt sich nicht zuständig. Ein Profi? Macht keine Aussage, sondern will einen Monteur vorbeischicken, schon das Gucken mit Anfahrt im dreistelligen Preissegment.

Also: Schraube organisiert und todesmutig mit dem Oberkörper in den Kamin gekrochen (bei der Gelegenheit durfte ich feststellen, dass ich schwarzhaarig ziemlich bescheuert ausschaue…). Ist ein ziemliches Gepfriemel, ständig fällt einem Dreck ins Gesicht, selbst für die kleine Maglite ist so gut wie kein Platz – aber funktioniert hat’s! Selbstverständlich war ich schwarz wie das Teerbaby anschließend, am liebsten hätte ich mich zu meinen Klamotten in die Waschmaschine gesetzt

Nun sitze ich in meinem Schaukelstuhl, freundliche Gabe meiner Nachbarn, eingehüllt in eine Flausch-Decke, auf dem Schoß das iBook. Rechts neben mir meine etwa 70 Jahre alte Massivholz-Stehlampe mit dem Tischchen auf halber Höhe – darauf alles Essentielle, Aschenbecher, Kippen, Kaffeetasse, Buch. Meine Füße? Hochgelegt auf dem Marmorsockel des Kamins, in angenehmer Entfernung zur Scheibe, perfekt zum Zehen-Wärmen.

Unter der Treppe ist aufgebaut, was eigentlich ein Blumenbänkchen ist, nun aber perfekt als Phono-Regal fungiert: der gute alte Dual-Plattenspieler, der Verstärker und der Vorverstärker, den ich irgendwann einmal zusammengelötet habe (für den ich jedoch nie ein adäquates Gehäuse fand und der deshalb bis heute in den Mini-Schraubstock eingeklemmt ist). Und es läuft eine meiner Lieblings-Platten, gerade „Crime of passion“ von Mike Oldfield – und der Sound ist verdammt genial hier. Was mich erstaunt, da ich einfach zwei Brüllwürfel locker in den Raum geworfen habe, von Ausrichtung konnte da keine Rede sein.

Die Holzscheite knacken, das erste mal seit überraschend langer Zeit ist mir richtig angenehm warm. Maggie Reillys Stimme, dazu der ganz typische Sound, den man nur von einer Schallplatte bekommt (und auf den heute keiner mehr Wert legt, ja ich weiß – außer mir halt), dazu die Feststellung, dass Oldfield beim Remastern verdammt gelitten hat – ganze Sequenzen und viele Details wurden für die CD-Fassungen einfach rausgeschnitten.

Nein Leute, auslachen, mich bekloppt und Oma nennen darf nur, wer je einen Winterabend mit hier in diesem Raum zugebracht hat, mit heißem Tee, bröckeligem Kandis und einer schnurrenden Miez auf dem Schoss.

PS: ich rieche wie ein Stück Rauchfleisch! Ich wusste, die Sache hat einen Haken!

Alle Bilder dieser Seite: © Marianne Spiller – Alle Rechte vorbehalten
Hintergrundbild: 600x 448px, Bild genauer anschauen – © Marianne Spiller – Alle Rechte vorbehalten

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