„Und was ist das?” - „Das ist blaues Licht.”

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„Und was ist das?“
„Das ist blaues Licht.“
„Und was macht es?“
„Es leuchtet blau.“
– brüllendes Gelächter

Man wird schnell zu einem freakigen Außenseiter, wenn man bei Filmzitaten wie diesem nicht mitlachen kann. Schlimmer noch: wenn diese Situation gehäuft auftritt. Denn schließlich ist Rambo III sozusagen Allgemeinwissen, den muss man kennen denn sonst hat man was verpasst. Beziehungsweise – wenn es denn ganz schlimm kommt – man stirbt dumm. Wobei der jeweilige Titel natürlich von dem Gegenüber abhängt, mit dem man gerade spricht: so sind die einen davon überzeugt, dass ich ohne Kenntnis von M*A*S*H definitiv dumm sterben werde, andere nehmen es geradezu persönlich, dass ich Dogma nie gesehen habe, und wieder andere berichten nur allzu ausführlich vom letzten Tatort.

Ich könnte nun meine Kinder als Grund für meine Kino-und-Fernseh-Abstinenz vorschieben, aber das wäre maximal die halbe Wahrheit. Der wahre Grund ist, dass ich das Anschauen von Filmen, Serien & Co. für mich als Zeitverschwendung empfinde. Als vertane Zeit, in der ich etwas Sinnvolles hätte tun können. Den Fernseher laufen zu lassen, während ich eine Handarbeit mache oder das Aquarium reinige oder die Bügelwäsche erledige ist okay, aber für „fernsehen um des Fernsehens Willen“ habe ich buchstäblich keine Geduld. Ich springe früher oder später auf – oder schlafe einfach ein.

Abends zum Beispiel verbringe ich ja inzwischen sehr viel Zeit mit Zuschneiden und Nähen, und bei absoluter Stille geht das einfach nicht. Meine Playlists öden mich auf Dauer aber auch ein wenig an, und für Hörbücher habe ich kein Faible. Also schalte ich mir Serien an – und höre zu. Oder halt auch nicht, wenn die Nähmaschine gerade rattert. Ich kenne alle Folgen von Desperate Housewives, gesehen habe ich aber nur zwei davon. Das findet ihr freakig? Es wird noch schlimmer: langweilige Filme sind eine sehr sichere Methode, mich zum Schlafen zu bringen; als ich das erkannte, habe ich mittels ffmpeg die Tonspur von Titanic aus dem Film extrahiert und als MP3 auf den iPod gestopft. Kann ich nicht einschlafen – 200x „Jack!“ und „Rose!“ wirkt garantiert. Dazu – oder hierdurch? – kommt meine sehr geringe Toleranz gegenüber Gewaltszenen oder Horror, mir geht sowas nach, ich schlafe schlecht, ich heule mit; so fand ich Breaking Bad wirklich großartig, bin über die erste Staffel jedoch nicht signifikant hinausgekommen – ich war selbst im 6. Monat schwanger, und der Plot ging mir echt bei. Ich kenne eine Handvoll Serien, habe aber (im Gegensatz zu meiner Umwelt) auch nicht den Eindruck, dass mir etwas fehlt.

Natürlich gibt es da diese Ausnahmen, diese großen Filme, diese genialen Dokumentationen – oder Filme, die einen wirklich interessieren, die wenig bis keinen Bildungsanspruch haben und trotzdem einfach geil sind; die man sich dann auf DVD oder BR organisiert, um sie werbefrei sehen zu können, fesselnde Filme – doch was Kult ist, definiere ich ganz für mich persönlich. Das ausschließliche Starren auf die Mattscheibe ist hier eigentlich den Zeiten vorbehalten, in denen man krank auf der Couch liegt und sonst wirklich nichts tun kann, und das gilt auch für die Kinder: das Baby, gerade ein Jahr alt, hat die Flimmerkiste noch nie in angeschaltetem Zustand erlebt. Und das arme Kind (3½) kennt einige Disney-Filme und den Barbapapa. Manchmal würde mir das Einschalten des Fernsehers sicher das Leben erleichtern – beispielsweise dann, wenn ich krank bin, die Kinder aber nicht – auf die Idee komme ich/ das Kind in solchen Momenten bloß gar nicht. Bei der Vorsorgeuntersuchung zum 3. Geburtstag des Kindes hin musste ich ihren täglichen Fernsehkonsum angeben – der minimal mögliche Wert waren 30 Minuten. Täglich! Das gab mir zu denken. Auf den Wert kommen wir im Monat – vielleicht – und das nicht, weil ich es grundsätzlich ablehne, sondern weil es so viel Spannenderes, Interessanteres, Lustigeres da draußen gibt…

Man unterstellt mir da, scheint mir, einen gewissen Snobismus, ich sehe es eher als ein Setzen von Prioritäten: das häufige Schauen von Filmen und Serien ist ein zeitintensives Hobby, und entgegen dem Mainstream betreibe es halt einfach nicht. Ich lehne es nicht ab, ich finde es nur öde. Ich gönne es jedem, der es gerne tut, und beneide auch ein wenig den, der die Muße dazu hat, denn ich bin eher wie ein Flummi – aber ich will mich auch nicht mehr diskriminieren auslachen lassen, bloß weil ich Avatar nie gesehen habe. Dafür habe ich zwei Bücher gelesen, drei Pullover und eine Tasche genäht und einen Block Seife gesiedet und dabei meine neue CD gehört. Jedem seines, oder? Wie handhabt ihr das? Seid ihr Junkies, könnt ihr auch ganz gut ohne? Empfindet ihr es als „guten Ton“, mitreden zu können?

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